Fachanwaltskanzlei für MedizinrechtGilsbach

Durch alkoholkranken Arzt in den Rollstuhl operiert

Datum:

17. February 2024

Von:

Soluna

Kategorie: 

In einem der bislang wohl spektakulärsten Fälle unserer Kanzlei ging es darum, dass unserer Mandantin von einem zwischenzeitlich verstorbenen Neurochirurgen, welcher als Belegarzt in dem ebenfalls beklagten Klinikum arbeitete, bei lediglich bestehenden, leichten Beschwerden im Nackenbereich, das zwingende Erfordernis einer operativen Versteifung der Halswirbelsäule beschrieben wurde. Konkret hatte der Behandler ausgeführt, dass, sollte unsere Mandantin weiter mit einer Operation zuwarten, sie alsbald im Rollstuhl sitzen würde. In Angst vor entsprechenden Konsequenzen erteilte unsere Mandantin ihr Einverständnis für die streitgegenständliche Operation, welche tragischer Weise dazu führte, dass ihr Nervenkanal so erheblich geschädigt wurde, dass sie mit einem inkompletten Querschnitt sowie einer Blasen- und Mastdarmstörung fortan tatsächlich auf den Rollstuhl angewiesen war.

Nachdem die Mandantin zunächst mit einem anderen Anwaltskollegen strafrechtlich erfolglos vorgegangen war, übernahmen wir die Angelegenheit zur zivilrechtlichen Geltendmachung von Schmerzensgeld und Schadensersatz. Die Ermittlungen führten zu einem immer absurder werdenden Sachverhalt. So konnte herausgefunden werden, dass das Belegklinikum von der Alkoholerkrankung des dort operierenden Neurochirurgen wusste, diesem jedoch – trotz zweimalig stationärem Alkoholentzug – die Tätigkeit nicht untersagt hatte. Vielmehr ließ man den Neurochirurgen munter weiter operieren. Vor dem Landgericht Münster hatten bereits zuvor zahlreiche geschädigte Patienten geklagt, jedoch stets nur gegen den Neurochirurgen. Als erste Kanzlei klagten wir ebenfalls gegen das Belegkrankenhaus, dies mit dem Vorwurf, dass dem Neurochirurgen trotz der bekannten und wiederkehrenden Alkoholerkrankung die Tätigkeit nicht untersagt wurde.

In einem mehrjährigen Verfahren vor dem Landgericht Münster wurde zunächst ein neurochirurgisches Gutachten eingeholt, welches bestätigte, dass die Operation bei unserer Mandantin überhaupt nicht erforderlich war. Vielmehr wären physiotherapeutische Beübungen des HWS-Bereichs ausreichend gewesen, um beschwerdefrei zu werden. Darüber hinaus führte die weitere Beweisaufnahme unter Vernehmung des ehemaligen Geschäftsführers sowie weiteren Personals des Belegkrankenhauses zu dem im Urteil festgehaltenen Ergebnis, dass dem Neurochirurgen eine belegärztliche Tätigkeit nicht mehr hätte ermöglicht werden dürfen. Dem Belegkrankenhaus wurde ein eklatantes Organisationsverschulden angelastet. So wurden der Geschäftsleitung wiederkehrend eindeutige Auffälligkeiten des Neurochirurgen (schwankender Gang, Gangunsicherheiten, Blessuren im Gesicht, ein Taumeln, etc.) berichtet, was jedoch nicht dazu führte, den wohlbemerkt bereits zuvor bekannt rückfällig gewordenen Arzt unverzüglich von seiner Tätigkeit abzuhalten.

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